The Tragedy of the Commons

Warum überfischen wir die Ozeane, roden die Wälder dieser Erde und stoßen so viel C02 in die Atmosphäre, dass sich die Lebensqualität auf der Erde derart verschlechtert? Fragen, die der Biologe und Ökologe Garrett James Hardin bereits Ende der 60´er Jahre in seinem Essay „The Tragedy of the Commons“ zu beantworten versuchte.

Autor*in Rima Hanano, 06.01.12

Gemeinschaftsgüter (Commons, Allmendegüter) wie etwa die Fischbestände werden bis zur Erschöpfung übernutzt. Was für den einzelnen an erster Stelle steht, sei der private Gewinn – nicht das langfristige Wohl der Gemeinschaft, so Hardin. Eine düstere Prognose.

Dass der Untergang unserer Gemeinschaftsgüter aber nicht endgültig besiegelt sein muss konnte die Politologin Elinor Ostrom, Nobelpreisträgerin von 2009, in ihren Studien zeigen. Wichtige Voraussetzungen für die nachhaltige Nutzung gemeinschaftlichen Eigentums von Nutzergruppen sind die lokale Kooperation und Selbstbestimmung. In ihrem Werk „Governing the Commons: The Evolution of Institutions for Collective Action“ (1990) dokumentiert Ostrom an Beispielen aus u.a. Nepal, Guatemala und der Schweiz, wie Menschen knappe gemeinschaftliche Ressourcen (Commons, Allmendegüter) wie Fischgründe, Wälder oder Wasservorkommen nachhaltig (i.S. von erhaltend)  und damit langfristig nutzen können.

Was sind Commons? 

Der Alaska-Seelachs ist ein Beispiel für eine der 54 Fischarten, deren Bestände nicht nachhaltig befischt werden.

Commons, Allmendegüter oder Gemeingüter sind Ressourcen, die allen Menschen frei zugänglich sind und von deren Nutzung andere Menschen nicht oder nur unter erheblichem Aufwand ausgeschlossen werden können. Beispiele sind etwa die Biodiversität (bspw. die Fischgründe unserer Ozeane), sauberes Wasser, saubere Luft oder die Wälder dieser Erde. Aber auch die Sprache, kulturelle Bildung oder Wissen sind Gemeingüter. Mehr zum Thema Biodiversität im Wissensartikel »Biologische Vielfalt« auf RESET.

Die Tragödien unserer Zeit: Übernutzung und Verpestung

Worin besteht die Tragödie der Commons?

Die Tragödie der Gemeingüter (Commons, Allmendegüter) besteht in ihrer gnadenlosen Übernutzung, sobald eine große Gemeinschaft sie gemeinsam nutzt. Obwohl der Erhalt der Gemeinschaftsgüter ,wie etwa der sauberen Luft oder der Fischbestände, für die Menschheit insgesamt von großer Bedeutung –ja lebensnotwendig ist, verpesten wir die Luft, die wir atmen, werden Wälder gerodet und die Fischgründe überfischt. Was für den Einzelnen zu zählen scheint, ist der aktuelle eigene Nutzen und Vorteil. Unbeachtet bleibt die Tatsache, dass der Erhalt solcher Schätze der Gemeinschaft langfristig mehr nutzt, als es ihre gegenwärtige Ausbeutung tut.

Seine Theorie skizzierte der Wissenschaftler Hardin Ende der 60´er Jahre in seinem Werk „The Tragedy of the Commons“ am Beispiel von gemeinschaftlich genutzten Weiden. Wer seine Schafe mehr als die anderen auf diesen Weiden grasen lässt, bekommt fettere Tiere, während die Kosten und der Schaden, nämlich weniger Weidegras, auf das ganze Dorf verteilt werden. Ein Vorgehen, das früher oder später von allen Schäfern verfolgt würde. Bis die Weiden – das Gemeingut- überweidet und langfristig zerstört sind.  Und tatsächlich, schaut man sich um, so scheint es, als sollte Hardin Recht behalten. Was in Hardins Parabel die Schäfer, sind heute wir Konsumenten und die großen Konzerne. Das japanische Untenehmen Mitsubishi macht heute weltweit den größten Umsatz mit Thunfisch –  obgleich er vor der Ausrottung steht und langfristig verschwunden sein wird.

The Tragedy of the Commons: Eine Tragödie der menschlichen Gemeinschaft

Heute sind sich viele Wissenschaftler einig, dass man nicht von der „Tragedy of the Commons“, sondern vielmehr von der Tragik der menschlichen Gemeinschaft sprechen muss. Denn jeder ist sich der allmählichen Aufzehrung unseres Planeten bewusst und leistet durch seinen ganz persönlichen Lebensstil einen Beitrag zu dieser Tragödie – denn beschränken möchte sich niemand. Erfahre mehr zu deinem persönlichem CO2-Fussabdruck im Beitrag »Dein Ökologischer Fußabdruck / CO2-Footprint«.

Überfischung der Meere

Das Phänomen der Überfischung der Ozeane ist eines der bekanntesten Beispiele unserer Zeit für diese Tragödie. Fischarten wie Kabeljau, Lachs und Thunfisch sind mittlerweile bis auf ein zehntel ihrer historischen Bestände dezimiert worden und stehen vor dem Kollaps. Nach Schätzungen des World Wide Fund For Nature (WWF) sind 88 Prozent der Fischbestände alleine in der EU überfischt.
Obwohl jedem Fischerei-Unternehmen und einem Großteil der Konsumenten bewusst ist, dass durch Überfischung langfristig seine Geschäftsgrundlage dezimiert wird und der Konsument seine Lebensgrundlage vernichtet, wird weiter gefischt und gegessen. Das Kalkül: Was man selbst nicht im Netz hat (oder auf dem Teller), holt sich die Konkurrenz. Mehr zum Thema Überfischung der Ozeane im Wissensbeitrag »Überfischung der Meere«.

Raubbau an den Wäldern

Ähnlich verhält es sich mit dem Raubbau, der an den Wäldern dieser Erde betrieben wird. Jede Minute verschwinden Regenwaldflächen in einer Größe von 350 Fußballfeldern. Die Regenwälder werden langfristig zerstört werden und mit ihnen die Biodiversität. Schon heute verschwinden täglich bis zu 150 Tier- und Pflanzenarten.

Governing the Commons

Während die allgegenwärtige Antwort auf die Tragödie der Allmende in staatlicher Hand oder in der Privatisierung gesucht wird, erforschte die Nobelpreisgewinnerin Elinor Ostrom (siehe Foto) in zahlreichen Feldstudien Fälle, in denen Gemeinschaftsbesitz auf regionaler Ebene sehr gut und nachhaltig bewirtschaftet wird – und das von der Gemeinschaft selbst. Vorraussetzung ist nach Ostrom die gemeinsame demokratische Kontrolle über das öffentliche Gemeinschaftsgut. Ostrom ist der Überzeugung, dass Regeln, die von oben diktiert werden, nicht ausreichen um ein Gut dauerhaft zu schützen. So führten strengere Regeln und Vorschriften für den Fischfang zu keinen Erfolg, im Gegenteil. Während Schiffe, Ausrüstung und Fangzeiten beschränkt wurden, werden Verteilungskämpfe um den letzten Fisch unter den Fischern und Konzernen immer rücksichtsloser. Ostrom hat mit ihrer Forschung Fälle aufgezeigt, in denen lokal verwaltete Wälder besser geschützt sind als staatliche Parks, wo sich die lokalen Bewohner nicht beachtet fühlen und die Beamten bestechlich sind. Sie hat Fälle dokumentiert, in denen Fischbestände ohne staatliche Auflagen und Eingriffe von der lokalen Bevölkerung nachhaltig verwaltet werden.

Sind unsere Commons noch zu retten?

Wie das Allmende-Dilemma auf globaler Ebene überwunden werden kann? Darüber herrscht augenscheinlich keine Einigung. In keiner der Klimaverhandlungen ist es bisher gelungen, verbindliche Richtlinien zu entwickeln, die Ressourcen und die Atmosphäre als gemeinsames Gut zu schützen.

Ostrom selbst hat nie behauptet, mit ihrer Forschung einen Schlüssel für unsere ökologischen Krisen gefunden zu haben. Sie hat aber gezeigt, dass Menschen auf regionaler Ebene zur Selbstorganisation fähig sind und gemeinsam nachhaltig handeln können.  Sie ist überzeugt, dass wir uns von der Idee verabschieden sollten, dass es nur eine Lösung auf globaler Ebene gibt. „Wir sollten rasch beginnen, selbst zu handeln!“, sagt Elinor Ostrom.

Worauf also warten? Werde jetzt und hier selbst aktiv.

Quellen und Links

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Commons – Für eine neue Politik jenseits von Markt und Staat

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Überfischung der Meere

Um die Fischbestände ist es schlecht bestellt: Die weltweite Nachfrage nach Fisch ist in den vergangenen Jahren geradezu explodiert, während die Fischbestände in den Weltmeeren dramatisch weiter schrumpfen.