„Es geht nicht mehr um Rettung, es geht um Schadensregulierung.“ Uta Mühleis glaubt nicht daran, dass der Zustand unserer Umwelt, so wie er heute ist, erhalten werden kann. Dabei scheint sie überhaupt nicht pessimistisch. Nur gestern, als sie erfahren hat, dass die Ergebnisse der Klimakonferenz in Kopenhagen juristisch nicht bindend sein werden, hatte sie sich kurz wieder gefragt, ob die ganze Arbeit genügend bringt.
Mühleis ist Gründerin und Geschäftsführerin von reset.to, einer gemeinnützigen Stiftungsgesellschaft, die auf ihrer Homepage zu Themen der Umwelt- und Entwicklungspolitik informiert, aber vor allem Projekte verschiedener Organisationen vorstellt und Spenden für sie generiert. Wenn man ihr zuhört, bekommt man schnell ein schlechtes Gewissen. Nicht, weil sie ihren Gesprächspartner streng fordert, nachhaltig zu handeln, sondern einfach, weil sie viel erzählen kann von den Zuständen in den Ländern, in denen sich die Projekte für eine bessere Welt einsetzen.
„Mit reset bin ich eigentlich zurück zu meinen Wurzeln gekehrt“, erzählt die 41-Jährige, die während ihres Umwelt- und Entwicklungspolitikstudiums auch ein Jahr in Tansania verbrachte und dort das Fair-Trade-Projekt mit aufbaute. Nach dem Studium hat sie allerdings keine Karriere bei den großen Umweltschutzorganisationen oder in der Politik gemacht, sondern einen Verlag gegründet und eine internationale Internetfirma für Mediendesign aufgebaut. „Das war die Zeit des Dotcom-Wahnsinns. Alle wollten, keiner konnte, und wir hatten einen Pioniervorsprung.“ Sie ist durch die Welt gereist, hat den Wirtschaftsbossen erklärt, was das ist, dieses Internet, und hat 100 Mitarbeiter beschäftigt. Dann, noch vor dem Platzen der Dotcom-Blase, wurde die Firma verkauft, und Uta Mühleis ist von Hamburg nach Berlin gezogen. Hier hat sie erst mal mit Kunst- und Kulturprojekten gearbeitet. „Seelenreinigung“, nennt sie das. Später hat sie Firmen beraten und auch selbst wieder eine kleine gegründet.
Irgendwann wurde „der Wunsch nach Sinnhaftigkeit“ stärker. Das hätte auch egoistische Gründe gehabt. „Investier in die Welt und rette dich selbst“, sei ihr Ansatz gewesen. Sie hat die großen Non-Profit-Organisationen besucht und festgestellt, dass die Strukturen dort nichts für sie sind. „Bevor ich jetzt alt und gemütlich werde, dachte ich, kann ich auch noch mal eine eigene Firma im Nonprofit-Business gründen.“ Vier Jahre eine 70-Stunden-Woche gehabt zu haben, das hätte ihr vor allem Erfahrung und ein großes Netzwerk gebracht. Also suchte sie sich einen Mitstreiter, und so ging die Seite 2007 online.
Mittlerweile arbeiten zwölf Leute mit ihr im Kernteam, 20 weitere helfen ehrenamtlich. RESET ist ein soziales Unternehmen, das man neudeutsch Social Entrepreneurship nennt. Also ein Unternehmen, das sich langfristig für Umweltschutz, Armutsbekämpfung, Bildung oder Menschenrechte einsetzt. Auf der Homepage werden Nachrichten zu den Themen bereitgestellt, einfache Handlungsmöglichkeiten für jeden einzelnen gegeben und eben ausgewählte Projekte vorgestellt. Uta Mühleis und ihre Mitarbeiter haben zum Beispiel das Projekt von Skateistan e.V. entdeckt, die eine Skateschule in Kabul aufbauen wollen. Hier soll nicht nur Skaten, sondern auch kulturelles Verständnis und Selbstvertrauen unabhängig von Geschlechterrollen vermittelt werden. Auf reset.to kann man für die Schule spenden und wird über den Stand des Vorhabens informiert. „Wir stellen nur wenige ausgewählte Projekte vor, es muss immer transparent sein, wo die Spenden hinfließen, und wir nehmen keine Gebühr für die Vermittlung“, erzählt die Geschäftsführerin.
Finanziert wird die Firma durch Förderpartner, nicht aber durch Bannerwerbung. „Wir achten darauf, dass sich die Unternehmen auch inhaltlich einbinden und uns nicht zum greenwashing benutzen.“ Was sich nach „Gutmenschentum“ anhört, ist auch geschäftliches Denken. Wer sich inhaltlich einbindet, bleibt eben auch länger dabei. Dass wirtschaftliche Effizienz und Nachhaltigkeit keine Gegensätze sind, ist eine recht neue Entwicklung. „Früher gab es entweder Müslis oder Anzugträger, heute ist grüner Lifestyle ein Trend.“ Im nächsten Jahr will Mühleis mit ihren Mitarbeitern die Seite nicht nur in China und Indien – „zukünftig die größten CO2-Emittenten“ – etablieren, sondern langfristig auch eigene Hilfsprojekte initiieren. Diese Zukunftspläne hören sich alles andere als pessimistisch an.
Text: Laura Ewert im TIP Berlin, 25/2009