12. Jahreskonferenz des Nachhaltigkeitsrates: Wir alle sind jetzt gefragt!

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Gestern fand in Berlin die Jahreskonferenz des Rates für Nachhaltige Entwicklung (RNE) in Berlin statt. Wichtigster Bezugspunkt in allen Beiträgen und Diskussionsrunden war die  Konferenz von Rio. Ist sie gescheitert? Wie kann ihr Ergebnis bewertet werden? Und vor allem: wie geht es weiter?

Autor*in Sarah-Indra Jungblut, 26.06.12

Gestern fand in Berlin die Jahreskonferenz des Rates für Nachhaltige Entwicklung (RNE) in Berlin statt. Wichtigster Bezugspunkt in allen Beiträgen und Diskussionsrunden war die  Konferenz von Rio. Ist sie gescheitert? Wie kann ihr Ergebnis bewertet werden? Und vor allem: wie geht es weiter?

Mal ganz ehrlich: besonders viel erwartet hat sich keiner von der Konferenz. Doch ein wenig mehr als die Unterzeichnung eines schon vorher verfassten Dokuments hatten wohl alle zumindest gehofft.

Marlehn Thieme, Vorsitzende des Rates für Nachhaltige Entwicklung, bezeichnet die Ergebnisse der UN-Konferenz als mager: „Ich verstehe die Enttäuschung der NGOs und der Kirchen. Ich teile sie. Rio war eben doch nur ein Rio-plus-20. Es war nicht das Rio-20-plus, das wir uns alle gewünscht hatten.“ Ein Grund sehen Thieme, aber auch Olaf Tschimpke (NABU, RNE) im Fehlen einer treibenden Kraft in Richtung nachhaltige Entwicklung: das Zugpferd Europa ist aktuell zu sehr mit der Eurokrise beschäftigt, die USA sind politisch unentschieden und die Länder des Südens eher vorsichtig. Somit hat Brasilien zusammen mit anderen Schwellenländern die Führung übernommen und ein Papier vorgefertigt, das wenige Ansätze weiterentwickelt und kleine Neuerungen nur hier und da einsprenkelt.

„Zumindest werden nicht davon abgehalten, mehr zu tun.“

Hoffnung gibt es dennoch. Tschimpke bemerkte trocken: „Wenn man so lange im Naturschutz aktiv ist, ist man durch nichts mehr zu frustieren.“ Also weitermachen. „Jetzt ist die Zeit der Politik. Deutschland sollte vorangehen und innovativ sein“, so Thieme. Von Tschimpke, Thieme und Dr. Wolfgang Schuster (RNE, Oberbürgermeister) betont wurde die Wichtigkeit, neue Allianzen  zu schmieden und auf verschiedenen Ebenen zu kooperieren. Was wir brauchen sind neue Prozesse der Kommunikation zwischen Politik, Verbänden und Zivilgesellschaft, neue dialogische Verfahren auf europäischer und globaler Ebene. 

Auf lokaler und nationaler Ebene kann sehr viel getan werden, um mit positiven Beispielen voranzugehen, u.a. beim deutschen Aushängeschild Energiewende. „Die Welt schaut auf die deutsche Energiewende, auf unsere Ansätze zur Ressourceneffizienz und zur Kreislaufwirtschaft, auf unsere Nachhaltigkeitsstrategie. Das habe ich in Rio in zahlreichen Diskussionen und in vielen Gesprächen immer wieder deutlich gepürt,“ so Thieme. Und empfiehlt unserer Bundeskanzlerin, einen Nachhaltigkeisbericht in den deutschen Bundeshaushalt einzuführen. Frau Merkel gibt sich in ihrer Rede vor dem vollen Saal informiert und engagiert. Sie betont die Bedeutung eines Leitbildes des nachhaltigen Wachstums anbetracht steigender CO2-Emissionen, Überfischung und Artenverlust und schließt mit den Worten: „Es gibt noch viel zu tun.„ Besonders visionär oder mutig ist Merkel bisher allerdings nicht vorangeprescht, um eine nachhaltige Entwicklung in Deutschland voranzutreiben.

Grün wie Wälder, nicht wie Dollarnoten!

Zwischen den Podiumsgesprächen mit Mitgliedern des Rates und verschiedenen Wissenschaftlern, Politikern und Unternehmern gab es parallele Themenforen zu den Themen Mobilität der Zukunft, Nachhaltigkeit in den Kapitalmärkten, dezentrale Energiewende und eine offene Diskussionsrunde mit Teilnehmern der Konferenz in Rio. Sei es bei dem Aufbau (dezentraler) Stromnetze und der urbanen Mobilität, Tendenzen und Strömungen sind hier immer wieder der Wunsch der Bürger nach Beteiligung und Mitbestimmung, wie Prof. Dr. Peter Kruse (nextpractice) mit seiner Studie zur Energiewende belegt. In Bezug auf nachhaltiges Wirtschaften wird von vielen Sprechern mehr Transparenz und qualitatives Wachstum in Anbetracht begrenzter Ressourcen gefordert und gewünscht.

Alberto Acosta, Wirtschaftswissenschaftler und ehemaliger Energieminister von Ecuador, forderte in dem abschließenden Podiumsgepräch – wohlgemerkt etwas polemisch – eine Wirtschaft, die nicht grün ist wie der Dollar, sondern green economy genannt wird, weil sie auf den Erhalt natürlicher Ressourcen bedacht ist.

Wie schon vergangenes Jahr fand auch gestern wieder ein Bloggertreffen im Rahmen der Konferenz statt, bei dem RESET dabei war. Bloggern und Mitgliedern des Rates wurde die Möglichkeit des gemeinamen Austausches gegeben. Dr. Wolfgang Schuster stellte der Runde die Frage, wie mehr Menschen motiviert werden können, sich für eine ökoogische, soziale Zukunft zu engagieren. Wir Blogger sehen unseren Beitrag dazu vor allem darin, mit positiven Beispielen und subjektiven Erfahrungen voranzugehen als auch als Vernetzungstool zu agieren. Christoph Harrach fasst das Gespräch der Runde sehr treffend zusammen: Bloggertreffen der Jahrenskonferenz

Schön zu sehen ist, dass die Konferenz von Jahr zu Jahr wächst und sich mehr und mehr Menschen für eine nachhaltige Entwicklung interessieren. Insgesamt gab die diesjährige Konferenz mal wieder einen guten Einblick in die Arbeit des Rates für Nachhaltige Entwicklung und den Stand und Ideenfundus der nachhaltigen Entwicklung in Deutschland – und bleibt weiterhin kritisch.

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