Zurück zum Precycling

Gute Ideen müssen nicht neu sein. Beim Precycling geht es darum, beim Einkauf erst gar keinen Müll entstehen zu lassen. Zum Einsatz kommen dabei Dosen, Büchsen, Tüten, Flaschen – immer wieder!

Autor*in Sarah-Indra Jungblut, 17.07.12

Bei jedem Einkauf ist es das Gleiche: Ein Teil unseres Einkaufs – die Lebensmittel – füllt Kühlschrank und Regale, der andere Teil – die Verpackungen – unsere Mülleimer. Was dabei als unbrauchbar entsorgt wird, sind eigentlich wertvolle Materialien und Ressourcen, die unter einem immensen Energieaufwand in Verpackungsmaterialien verwandelt wurden. Nach einem kurzen Leben als Nahrungsmittelhülle werden sie bestenfalls zu einem minderwertigen Material recycelt.

Innerhalb der EU ist Deutschland schon seit Jahren Spitzenreiter, was die Produktion von Verpackungsmüll anbelangt. Pro Kopf und Jahr fallen hier rund 220 kg an – etwa 50 kg mehr als im EU-Durchschnitt. Eine große Zahl, gegen die Recycling nur bedingt etwas ausrichten kann. Von dem in den Medien sehr präsenten Plastikmüll wird beispielsweise nur etwa die Hälfte wiederaufbereitet: Häufig bestehen Plastikverpackungen aus unterschiedlichen Materialien, was das Recycling bedeutend erschwert. So wird am Ende ein Großteil des Verpackungsmaterials oft unter hohem Energieaufwand verbrannt.

Müllvermeidung mit Jutebeutel, Thermobecher und Co.

Viel umweltverträglicher ist es, Müll von Anfang an zu vermeiden – mit anderen Worten: Precycling! Wir haben hier für euch einige Möglichkeiten des Precyclings zusammengetragen, die einfach umzusetzen sind:

  • Der gute alte Jutebeutel statt der Plastiktüte: Er sieht nicht nur schön aus, sondern ist auch eine praktische Einkaufshilfe. Um eine gute Sichtbarkeit von einzelnen Obst- und Gemüsesorten sowie Backwaren an der Kasse gewährleisten zu können, lege dir doch außerdem ein paar Netzbeutel aus Baumwolle zu.
  • Aufbewahrungsgefäße aus dem eigenen Haushalt statt Papier und Plastik: Bei kleinteiligen und feuchten Produkten sind Beutel keine Option. Bring stattdessen Frischhalteboxen oder Schraubgläser zur Käsetheke, Kaffeerösterei oder zur Abfüllstation deines Bioladens.
  • Der langlebige Thermobecher statt des Einmal-Plastik- oder Pappbechers: Ein schneller Kaffee auf dem Weg zur Uni oder zur Arbeit ist eine feine Sache. Im selbst mitgebrachten Thermobecher hält er länger warm und in manchen Cafés gibt es für die Eigeninitiative sogar Rabatt.
  • Edelstahl- statt Einweg-Kapseln: Auch beim Kaffeekonsum zu Hause kannst du viel Müll vermeiden. Kaffeemaschinen, die normalerweise mit umweltbelastenden Einweg-Pads oder -kapseln funktionieren, können alternativ auch mit wiederbefüllbaren Gefäßen bedient werden.
  • Das altbewährte Seifenstück statt des Flüssigseifenspenders: Warum nicht auf die Plastikverpackung verzichten, wenn es die gut duftende Stückseife auch tut? Spezielle Haarseifen können zum Beispiel auch das Haarshampoo aus der Plastikflasche ersetzen.

Die Renaissance alter Verkaufsmodelle

Mittlerweile gibt es eine Vielzahl von Läden, die sich dem Zero-Waste-Lifestyle und damit dem Precycling-Prinzip verschreiben. Von Obst bis Waschmittel wird hier alles offen verkauft. Während Unverpackt Kiel bei seiner Eröffnung im Jahr 2014 noch ein echter Pionier war, haben sich in Deutschland mittlerweile eine Reihe von verpackungsfreien Läden etabliert. Mit Waren befüllt wird, was der Kunde mitbringt: Glasgefäße, Tupperware, alte Take-Away-Kartons, mehrfach verwendete Papier- und Plastiktüten. Die Vorteile sind überzeugend: Kurzlebige Verpackungsmaterialien fallen weg und jeder kann die gewünschte Menge selbst wählen.

Die Idee des Precyclings ist dabei alles andere als neu: Es gab Zeiten, in denen viele kleine Läden neben Obst und Gemüse auch andere Lebensmittel offen anboten. Viele erinnern sich bestimmt noch an den Kiosk vor der Schule, der für wenige Cents Süßigkeiten direkt in die Hand verkaufte, oder den guten alten Tante-Emma-Laden. Was Geschäfte wie Original Unverpackt und Unpackaged neu macht, ist die Erweiterung der Idee auf klassische „Verpackungswaren“ wie Zahnbürsten, Cremes, Waschmittel, Mehl… Und die explizite Aufforderung, eigene Behälter mitzubringen. Eine Auswahl dieser Läden findest du hier.

Solltest du (noch) keinen Unverpackt-Laden in deiner Nähe finden, kannst du trotzdem etwas tun, um Verpackungsmüll einzusparen. Erste Regel für Precycler: Auf Märkten, in Hofläden und Bioläden einkaufen, da hier zumindest Obst, Gemüse, Antipasti, Hülsenfrüchte und Ähnliches offen angeboten werden. Und dann: Precycling-Kit mitbringen! Hier können Tupperware, Plastik- und Blechdosen, wiederverwendbare Tüten, Taschen und vieles mehr eingesetzt werden. Das Brot landet im Stoffbeutel, die Trauben in der Tupperdose, die Linsen in der alten Eisbox…

Precycling für Fortgeschrittene

Wenn du aktiv dazu beitragen möchtest, dass Hersteller ihre Verpackungsgewohnheiten überdenken, kannst du dir die App ReplacePlastic herunterlanden. Damit kann man Produkte scannen, die man im Supermarkt gerne plastikfrei sehen würde und dies kollektiv den Herstellern mitteilen. Und natürlich kannst du nicht nur bei den Verpackungen, sondern auch bei den Produkten selbst Müll vermeiden, zum Beispiel wenn du Dinge gebraucht kaufst, leihst oder tauschst. Wie und wo das geht, erfährst du in unserem Artikel Meins ist Deins.

Zum Weiterlesen: Beim Cradle-to-Cradle-Prinzip geht es um nicht weniger als eine komplett andere Art des Wirtschaftens. Hier wird von Anfang an in kompletten Produktkreisläufen gedacht – um auf diese Art erst gar keinen Müll im herkömmlichen Sinn entstehen zu lassen.

Letzte Aktualisierung: Oktober 2018 (Lena Strauß, RESET-Redaktion)

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